Für bessere Ausbildung und Pflege
Eröffnungskonferenz des Ausbildungsverbunds Passau Die 68 Mitglieder wollen gemeinsam die Pflege verbessern
Auf dem Papier existiert er schon länger, doch aufgrund der Corona-Pandemie konnte er sich noch nie öffentlich und geschlossen präsentieren: der Ausbildungsverbund Passau. Zu ihm haben sich Altenheime, Seniorenresidenzen und Pflegedienste aus Passau und der Umgebung zusammengeschlossen, die alle ein Ziel verfolgen: Sie wollen die Ausbildung der Pflegekräfte und damit die Versorgung der Pflegebedürftigen nachhaltig verbessern.
Über den Dächern Passaus im Restaurant Das Oberhaus fand die Eröffnungskonferenz des Ausbildungsverbunds statt, moderiert von Joachim Berga (l.), Leiter der Berufsfachschule für Pflege und Altenpflegehilfe Passau. − Foto: Munzinger
PNP
von Johannes Munzinger
Nachdem die Pandemie ein Jahr lang ein erstes Treffen verhindert hatte, konnte die Berufsfachschule für Pflege und Altenpflegehilfe Passau (bap) nun zur großen Eröffnungskonferenz ins Restaurant „Das Oberhaus“ laden.
Die Vertreter der verschiedenen Häuser und Betriebe waren zahlreich erschienen, um sich hoch über der Stadt Passau über die Zukunft ihrer Branche auszutauschen. Teilnehmer waren die 68 Einrichtungen, Organisationen und Pflegedienste aus Passau, Neuhaus am Inn, Vilshofen, Waldkirchen, Aidenbach, Fürstenzell, Tittling, Hengersberg, Rotthalmünster, Kirchdorf am Inn, Wegscheid, Ortenburg, Salzweg und Pocking. Zwar keine Mitglieder, aber immerhin Kooperationspartner sind das Klinikum Passau und die Kinderklinik Dritter Orden, die ebenfalls Vertreter zur Konferenz geschickt hatten.
Das Rednerpult betrat zu Beginn bap-Leiter Joachim Berga, der sich freute, „die Creme de la Creme der Pflegelandschaft“ begrüßen zu dürfen. Er erklärte, dass der Verbund aufgrund der seit 2020 neuen Ausbildungsform in Pflegeberufen ins Leben gerufen wurde, mit einem klaren Leitgedanken: „Wir wollen uns qualitativ besser aufstellen.“
Dieser Grundgedanke der Qualitätssteigerung „muss jetzt wachsen dürfen, das kann nicht von heute auf morgen gehen“, sagte Berga. Damit etwas vorwärts geht, müsse auf jeden Fall der Konkurrenzgedanke innerhalb der verschiedenen Einrichtungen und Institutionen hintan gestellt werden. Dazu gehört auch, dass sich die Mitglieder verpflichten, keine Azubis voneinander abzuwerben. Zwar dürfte jeder Azubi von sich aus natürlich beispielsweise von der stationären in die ambulante Pflege wechseln, „ambulante Dienste dürfen aber nicht aktiv stationäre Pflegekräfte abwerben“.
Dass es Verbesserungsbedarf gibt, zeigte der Bericht über den Status quo der bap, den Berga anschließend erstattete. Die Pflegeschülerschaft sei um 10 Prozent geschrumpft. „Das kann an Corona liegen“, sagte Berga, „aber auch an der neuen Ausbildung“. Derzeit gebe es an der bap zwei Kurse des ersten und zweiten Ausbildungsjahres mit insgesamt 80 Schülern.
„Prägnant gestiegen“ sei die Abbrecherquote, und zwar auf über 20 Prozent. Zwar sei heuer kein einziger Pflegeschüler durch die Probezeit gefallen, „aber viele gehen mit falschen Vorstellungen in die Ausbildung oder fühlen sich überfordert“.
Ein weiteres Problem sei die „zunehmende Zahl von Bewerbern, die mit schlechten Deutschkenntnissen kommen“. Seine Bitte an alle Anwesenden: „Prüfen Sie bitte die sprachliche Kompetenz der Azubis. Die haben in der Ausbildung bei uns nur ein halbes Jahr Zeit, ehe die Einsätze losgehen.“
Angesichts des steigenden Pflegebedarfs und der Not am Markt sagte der bap-Leiter: „Wir können vielleicht den Status quo erhalten, aber eine Entwicklung ist so unmöglich.“
Deshalb müsse optimiert werden, Berga hatte einige Punkte vorbereitet. Die Ausbilder sollen in Zukunft genauer darauf achten, dass Termine bei der Praxisanleitung bei der bap auch eingehalten werden, da es sonst zu ständigem Verzug komme, unter dem letztendlich die Azubis litten.
Dazu betonte Berga, dass die Einhaltung der 10-Prozent-Vorgabe für Praxisanleitungen unbedingt eingehalten werden müsse: „Wir wissen, dass hier teilweise Papiere geschönt wurden, aber die Azubis haben ein Recht auf die praxisnahe Ausbildung. Theoretisch könnten sie deshalb sogar klagen.“
Allgemein sollte auf das Privatleben und die Bedürfnisse der Azubis mehr Rücksicht genommen werden: „Gerade zur Einsatz-Benotung kamen Schüler oft in ihrem Urlaub oder ihrer Freizeit für uns. Das soll nicht sein, dafür müssen sie von der Arbeit freigestellt werden.“ Berga betonte auch mit Nachdruck, dass Azubis erst in der zweiten Hälfte ihrer Ausbildung Nachtdienste verrichten sollen. Während ihres bap-Schulblocks sollen die angehenden Pflegekräfte ebenfalls nicht in der Arbeit eigesetzt werden: „Oft müssen die Azubis nach einem Wochenenddienst zu uns kommen und dann ab Montag voll lernen. So halten wir die jungen Leute nicht! Diese Ausbildung ist kein Zuckerschlecken, es gibt viel mehr Kompetenzvermittlung als früher. Deshalb: Lassen Sie die Azubis im Schulblock auch einmal durchatmen!“
Nach der Eröffnung durch Berga und eine kurze Kaffeepause folgten Fachvorträge von Sara Kobluk vom Pflegeausbildungsfonds Bayern („Finanzierung der generalistischen Pflegeausbildung nach dem Pflegeberufegesetz“) und Christine Halbig vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben („Die Pflegeberufe der Zukunft“). Letztere betonte mit Nachdruck die Vorteile eines festen Verbunds von Pflegeeinrichtungen und –schulen. Er fördere das gemeinsame Ausbildungsverständnis und die Aufgabenverteilung, was zu eingespielten Strukturen und Abläufen sowie größerem Vertrauen zu den Partnern führe. Die Vorteile lägen auf der Hand: „Höhere Qualität bei deutlich geringerem organisatorischen Aufwand.“
Für die PNP zog Berga nach der Konferenz ein positives Fazit: „Es ist sehr erfreulich festzustellen, dass es ein großes Interesse am Ausbildungsverbund gibt, wie die hohe Teilnehmerzahl beweist. Heute wurde noch Optimierungsbedarf festgestellt, doch auch die vielfältigen Möglichkeiten erörtert, die der Ausbildungsverbund Passau eröffnet. Ich sehe mit viel Optimismus in die Zukunft, hoffe aber auch auf die tatkräftige Mithilfe bei der Umsetzung unserer Pläne.“