Wir sind gut durch die Krise gekommen
Schüler der Fremdsprachenschule meistern Corona-Schließung / Hackauf: Digitale Medien bringen Variantenreichtum
"Wir sind gut durch die Krise gekommen. Wir sind daran gewachsen." Dieses Resümee haben Schülerinnen und Schüler der Fremdsprachenschule Passau an der BAP, der privaten Berufsakademie für Aus- und Weiterbildung gGmbH, mit Schulleiterin Bernadette Hackauf gezogen. In einem Gespräch mit der PNP erzählen sie, wie sie den Corona-Lockdown meisterten und warum sie von dem Gerede über "die verlorene Generation" nichts halten.
"Wir sind daran gewachsen": Das Home-Schooling während des Corona-Lockdowns empfanden die Schüler des ersten Ausbildungsjahrs an der Fremdsprachenschule Passau mit Lehrerin Barbara Nuffer als eine Herausforderung, aber auch als Chance. - Foto: Wildfeuer
Von Theresa Wildfeuer
„Es war eine fordernde, aber sehr gute Erfahrung", sagt Johannes Sitzberger aus Osterhofen, der das erste Ausbildungsjahr des zweijährigen Dreisprachen-Programms der Fremdsprachenschule absolviert. Vor allem die Umgewöhnung von Präsenz- auf Onlineunterricht sei eine Herausforderung gewesen. "Man wächst daran und lernt viel", entdeckte der 21-Jährige.
Es sei vor allem notwendig gewesen, "Selbstdisziplin" zu üben. Es galt, sich den Stoff "fast autodidaktisch" anzueignen. Dies sei anstrengender als der Unterricht mit einer Lehrkraft, die die Lerninhalte präsentiert. Im Gegensatz zu anderen Schulen habe man an der Fremdsprachenschule bereits vor der Corona-Krise mit der Lernplattform "Moodle" im Unterricht gearbeitet, so dass das "Online-Lernen" nicht mehr ganz neu für die Klasse war.
Dennoch sei es auch für sie eine Umstellung gewesen, den neuen Stoff selbst zu erarbeiten, weil das Unterrichtsgespräch mit den Erklärungen der Lehrer wegfiel, aus dem sie "immer viel mitgenommen" habe, schildert Lisa Steger (24) aus Passau. Sie habe aus dem Corona-Lockdown vor allem gelernt, "sich zu organisieren", um die Abgabetermine für die Arbeitsaufträge einzuhalten. Es sei möglich gewesen, Fragen an die Lehrer über den Chatroom zu stellen. "Wir haben es super gemeistert", bilanziert sie.
"Ich konnte individuell lernen und es mir einteilen", berichtet Melanie Hermann (19) aus Heinrichsreit bei Grafenau. Sie sei erstaunt darüber gewesen, was sie alles "mit der Technik lernte", zum Beispiel den Umgang mit "Tools", die sie vor der Corona-Pandemie nicht so häufig nutzte. So sei es ihr gelungen, für das Fach Französisch Audiofiles aufzunehmen, obwohl ihre Internetverbindung nicht immer optimal war. Die Schule habe viel Verständnis gezeigt und das notwendige Equipment bereitgestellt.
Lisa lernte zudem den Video-Unterricht und das Teilen von Dokumenten sowie die interaktiven Lernangebote zu schätzen, etwa bei anonymen Umfragen unter Mitschülern zum Thema "fake news" oder zum Vertrauen in die Institutionen wie die Bundespolizei. Es sei spannend gewesen, die Ergebnisse später im Online-Sozialkundeunterricht auszuwerten und darüber zu diskutieren, bestätigt auch Johannes. Die Teamarbeit in Vierergruppen über "Moodle"sei anfangs etwas schwierig gewesen, aber erfolgreich. Übersetzungen und Geschäftsbriefe seien in Online-Teamwork und virtueller Gruppenarbeit entstanden, die auch die Kommunikation unter den jungen Leuten förderten. Internet und Digitalisierung böten viele Vorteile, die sich parallel zum Präsenzunterricht nutzen ließen.
Als positiv werten die Schüler auch, dass der Austausch mit den Lehrern während des Lockdowns intensiver war als vor der Krise. Sie nahmen sich Zeit und hörten zu, sagt Melanie. Der Online-Unterricht sei für Schüler und Pädagogen Neuland gewesen, so dass ein Gemeinschaftsgefühl entstand, ergänzt Johannes. Gut sei die Mischung von Video- und Präsenzunterricht, weil die direkte Kommunikation mit Lehrern und Mitschülern möglich ist und sich Lücken schneller ausmachen lassen. Einen Mix aus Präsenz- und Online-Schule kann er sich durchaus für die Zukunft vorstellen, während sich Lisa den „normalen Alltag“ zurückwünscht.
Für eine „verlorene Generation“ halten sich die Fremdsprachenschüler aber keineswegs. „Da muss ich schmunzeln“, lacht Melanie. Dies könne für andere Schulen zutreffen, nicht aber die BAP. „Wir mussten wachsen“, lautet ihr Fazit.
"Wir zeigen, dass es anders geht", resümiert Schulchefin Bernadette Hackauf. Es gebe sicherlich Schüler, denen es anfangs nicht leicht fiel, alleine zu lernen. Zudem ließen sich beim Online-Unterricht nicht alle Schüler "abholen". Dennoch könne man nicht von einer "verlorenen Generation" reden. Es gebe sehr viel Engagement von Seiten der Lehrkräfte, um Lücken zu stopfen, falls diese entstanden sind. Es sei somit keinesfalls "alles verloren".
"Corona hat alle kalt erwischt", erzählt Hackauf. Die Fremdsprachenschule habe die überraschende Schließung der Schulen drei Wochen vor den Osterferien aber in drei Phasen gemeistert. Sie habe innerhalb eines Wochenendes den Unterricht auf die Online-Lernplattform "Moodle" umgestellt, die bereits vor der Krise genutzt wurde. Dennoch fiel das Online-Lernen nicht allen Schülern leicht, vor allem bezüglich der Selbstorganisation. Um alle an Bord zu halten, habe es nach den Osterferien Video-Unterricht und virtuelle Teamarbeit gegeben, ein guter, wichtiger Schritt.
"Die Schüler mussten um acht Uhr Gesicht zeigen", erzählt Hackauf. Sie lernten wieder mehr in der Gemeinschaft und waren nicht mehr alleine auf sich gestellt. Ziel sei gewesen, die Abschluss- und Vorabschlussklassen der zweijährigen Ausbildung zu Fremdsprachenkorrespondenten schnell wieder an die Schule zu bringen. Unter der Einhaltung der Masken-, Abstands- und Hygienepflicht gebe es seit 21. April einen Mix aus Präsenz- und Online-Schooling. Während der ersten drei Wochen habe sie befürchtet, Schüler zu verlieren. Dies sei nicht der Fall. Bestehende Lücken würden derzeit im Intensiv-Unterricht geschlossen, um die Schüler des ersten Ausbildungsjahrs für das nächste Schuljahr zu wappnen. Auch Ehemalige, die nach zwei Jahren Berufspraxis zurückkommen, um die Prüfung zur Eurokauffrau oder zum -kaufmann zu absolvieren, würden unterstützt.
Die sehr "steile Lernkurve" habe durchaus ihr Gutes, sagt Hack-auf. Es sei mit den digitalen Medien mehr Variantenreichtum in den Unterricht gekommen, an dem viele Lehrer weiterarbeiten wollen. Sie wüssten die Möglichkeiten der Informationstechnik zu schätzen. Die Fremdsprachenschule sei eines der ersten Lernhäuser in Passau gewesen, die die Mittel aus dem Digitalpakt Schule der Bundesregierung abschöpfte, um nach dem erstellten Medienkonzept Tablets, Smart- und Notebooks anzuschaffen sowie Lehrerfortbildung anzubieten. Auf dem Wunschzettel stehe weiterhin, die Internetverbindungen zu verbessern.
Doch "nichts ersetzt den persönlichen Kontakt", betont die Schulchefin. Die Schüler wollten Freunde treffen. Ihre Motivation im Klassenzimmer sei höher. Auch die Lehrer freuten sich, die jungen Leute wiederzusehen. Gerade in der Fremdsprachenschule seien Blickkontakt und "Mikromimik" wichtig und das Unterrichten sei schöner, wenn man wieder beieinander ist, bilanziert Hackauf.
PNP-16.07.2020