Die EU ist nicht mehr selbstverständlich
Zwischen Passau und der britischen Hauptstadt London liegen zwar gute 1000 Kilometer Luftlinie, dennoch sind die Auswirkungen des Brexit auch hier zu spüren. Deutlich macht dies die Situation der Fremdsprachenschule an der Privaten Berufsakademie Passau (BAP).

Foto: v.l. hintere Reihe: Geschäftsführerin B. Brauckmann, Manuel Novas Cavillo, Spanischlehrerin M. Ruiz Augustin, stellv. Schulleiterin Dr. A. Barro, Schulleiterin B. Hackauf; v.l vordere Reihe: Lorena Bartolomé, K. Schmid, J. Schmidt, C. Geiger
Zwischen Passau und der britischen Hauptstadt London liegen zwar gute 1000 Kilometer Luftlinie, dennoch sind die Auswirkungen des Brexit auch hier zu spüren. Deutlich macht dies die Situation der Fremdsprachenschule an der Privaten Berufsakademie Passau (BAP). Mit "zwei weinenden Augen" blickt Bernadette Hackauf, Schulleiterin der Fremdsprachenschule, auf die aktuellen Entwicklungen bezüglich des Austritts Großbritanniens aus der EU. "Die EU ist nicht mehr selbstverständlich", findet Barbara Brauckmann, Geschäftsführerin der BAP, und kritisiert die "Europamüdigkeit" unserer Zeit. Sie richtet ihren Appell vor allem an junge Leute, sich für Europa zu engagieren und blickt dabei auch auf Initiativen wie "Pulse of Europe". In Zeiten wie diesen seien die staatlich geförderten internationalen Gesellschaften ebenfalls umso bedeutender. Der kulturelle Austausch ist ein essentieller Aspekt der Fremdsprachenschule. Das Brexit-Votum sorgt nun für unerwartete Herausforderungen. Zum einen stellte die BAP vorsorglich bereits jetzt das Erasmus-Programm mit Großbritannien ein. Es handelt sich hierbei um ein Projekt der Europäischen Union, das unter anderem jungen Menschen die Möglichkeit bietet, im schulischen, universitären oder beruflichen Kontext Erfahrungen in anderen EU-Mitgliedsstaaten zu sammeln. Als Alternative entschied sich die Schule nun dazu, eine Erasmus-Partnerschaft mit Irland einzugehen. Andererseits verändere sich durch den Brexit auch das Wirtschaftsrecht erheblich, wodurch sich der Unterricht an der auf den Fachbereich Wirtschaft spezialisierten Schule zukünftig "neu definieren" müsse, wie Schulleiterin Hackauf berichtet. Den Schülern und Lehrkräften geht das Thema ebenfalls nahe. Sie alle teilen das Interesse an Sprache und Kultur. Dr. Ana Barro ist stellvertretende Schulleiterin, unterrichtet außerdem Englisch und Spanisch an der Fremdsprachenschule. Für sie war die Entscheidung für den Brexit ein "absoluter Schock". Dennoch scheint die Thematik ebenso greifbar wie abstrakt. Die ehemalige Schülerin Katharina Schmid lebte während ihrer Schulzeit bereits drei Monate im Rahmen eines Praktikums im französischen Cagnes-sur-Mer und kehrte damals nur "schweren Herzens" nach Deutschland zurück. Seitdem besucht sie ihre französischen Gasteltern regelmäßig und bezeichnet das Land als ihre "zweite Heimat". Umso unvorstellbarer sei für sie die Idee, dass auch Frankreich eines Tages den Austritt aus der EU fordern könne. Das Privileg der freien und verhältnismäßig unkomplizierten Reise wäre somit nicht mehr garantiert. Auf die Selbstverständlichkeit, mit der vor allem die Reisefreiheit zwischen Mitgliedsländern der EU hingenommen wird, weist auch Spanischlehrerin Montserrat Ruiz Augustin hin. "Ich bin Spanierin, arbeite in Deutschland und lebe in Österreich", erklärt sie. Die Möglichkeit, problemlos zwischen den Ländern pendeln zu können, wolle sie nicht missen. So nah und doch so fern scheinen die europapolitischen Entwicklungen und ihre Folgen. Dennoch gehen sie jeden Europäer etwas an, weiß Barbara Brauckmann: "Man stelle sich einmal vor, was wäre, wenn Österreich den Entschluss fassen würde, aus der EU auszutreten". - ans; Foto: Jäger