Von Bauchweh und Co.
Ausländische Ärzte lernen an der Berufsakademie die Alltagssprache ihrer Patienten Voraussetzung für die Approbation
Wenn der Arzt ihre Erkankung mit komplizierten Fachbegriffen beschreibt, können die meisten Patienten damit wenig anfangen.
Gibt seine Erfahrung weiter: Dr. Heinz-Peter Sedlmaier (r.) erklärt seinen Schülern, worauf es in der Kommunikation mit Patienten und anderen Ärzten ankommt; Foto: Thomas Jäger
Die Mediziner müssen in Alltagsbegriffen sprechen können, um den Kranken zu helfen. Tut sich da schon mancher Muttersprachler schwer, ist das für ausländische Ärzte noch schwieriger: Zwar haben sie ein abgeschlossenes Studium und zum Teil in ihrem Heimatland schon praktiziert, aber die Alltagssprache ihrer Patienten in Deutschland müssen sie erst noch lernen. Dafür gibt es seit September einen Kurs an der Berufsakademie Passau.
Zwei Ärztinnen und neun Ärzte aus Ecuador, Honduras, Syrien und Litauen lernen knapp sechs Monate lang jeden Tag fünf Stunden Deutsch. Dabei erreichen sie das C1-Niveau und lernen zusätzlich medizinische Fachsprache. „Im Kontakt mit den Patienten brauchen wir nicht medizinische Begriffe, sondern die Umgangssprache. Wir lernen, wie wir ihnen die Erkrankung erklären“, sagt der Teilnehmer Christian Alvarez aus Ecuador.
Dr. Heinz-Peter Sedlmaier ist pensionierter Chefarzt des Krankenhauses in Wegscheid. Gemeinsam mit Dr. Wolfgang Baier, einem pensionierten Passauer Kinderarzt, unterrichtet er den medizinischen Kursteil. Als ehemaliger Chefarzt kennt Sedlmaier die Schwierigkeiten der Kliniken gut. Schon vor Jahren habe er zwei Drittel der Stellen nicht besetzen können. „Das Problem hat zwei Seiten“, sagt Sedlmaier. „Zum einen finden die Krankenhäuser nicht mehr genug Assistenzärzte, sie brauchen also ausländische Fachkräfte. Zum anderen haben sie aber Probleme, wenn jemand kein Deutsch kann.“ Deshalb übt er mit den Teilnehmern sowohl die Kommunikation mit den Patienten als auch die mit anderen Ärzten und die Dokumentation ihrer Fälle. „Der Patient sagt eben nicht: ,Ich habe Schmerzen im rechten Oberbauch.‘ Er sagt: ,Mir tut’s da weh‘, häufig auch noch auf Bairisch“, sagt Sedlmaier.
Hintergrund für den neu aufgelegten Kurs ist eine Vorgabe des Freistaats Bayern. Seit April 2017 müssen Humanmediziner vor der Bayerischen Landsärztekammer eine praxisnahe Fachsprachenprüfung ablegen, bevor sie als Arzt arbeiten dürfen. Zuvor hatte neben den erforderlichen Zeugnissen ein Nachweis für das Sprachniveau B2 ausgereicht, um die Approbation zu bekommen. Bayern ist eins der letzten Bundesländer, die diese Regelung eingeführt haben. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge finanziert die Kurse. Für ihren Lebensunterhalt müssen Teilnehmer aus Drittstaaten für die Dauer des Kurses selbst aufkommen, Geflüchtete bekommen Bezüge übers Jobcenter. „Die Hürde wird natürlich höher“, sagt Barbara Brauckmann, die Geschäftsführerin der Berufsakademie. „Es sind viele Stunden nötig, um auf dieses Niveau zu kommen. Aber aus meiner Sicht ist das genau das Richtige.“
Die meist jungen Medizinerinnen und Mediziner seien hochmotiviert, sagt Christine Lindmeier, die die Kurse an der Berufsakademie organisiert. „Die Präsenz ist sehr hoch, geschwänzt wird nicht. Sie sehen die Notwendigkeit und den Nutzen.“ Die Berufsanfänger profitieren dabei auch von der Erfahrung ihrer Lehrer. Durch Hospitationen in verschiedenen Einrichtungen sollen ihnen zudem erste Kontakte zu möglichen Arbeitgebern vermittelt werden. Dort wollen die jungen Menschen dann ihre Ausbildung zum Facharzt beginnen.
Quellnachweis: Passauer Neue Presse, Stadtredation_30.01.2018, kke